Wir alle möchten eine vegane und damit tierleidfreiere Welt. Eine Welt mit (weitest gehender) Gleichberechtigung und Respekt für alle Lebewesen. Aber auch wenn viele das gleiche Ziel haben, so möchte ich meinen Weg dorthin emanzipatorisch und inklusiv gehen: Deshalb distanziere ich mich explizit von jeglichen fremdenfeindlichen, rassistischen oder anderweitig diskriminierenden Gedanken und Taten!
Das beinhaltet allerdings auch in jedem Falle eine Unterlassung von unangebrachten und falschen Vergleichen, nur um für unsere „vegane Idee“ zu werben. Wie als Beispiel der sogenannte „Holocaust-Vergleich“.
- Die damalige Kampagne von PETA
- Die damalige Kampagne von PETA
- Die damalige Kampagne von PETA
Immer wieder wird im Zusammenhang mit PETA die Kampagne aus den Jahren 2003-2005 mit dem Namen „Der Holocaust auf Ihrem Teller“ angeprangert. Hier wurden in einer banalen, unsachlichen und verharmlosenden Form die Shoa mit der industrialisierten Tiertötung verglichen. Inzwischen wurde die Kampagne – auch durch (europäische) Gerichtsurteile unterstützt – eingestellt und die Seiten gelöscht.
Das Bundesverfassungsgericht wies die Klage ab, da „die Kampagne des Beschwerdeführers als eine Bagatellisierung und Banalisierung des Schicksals der Holocaustopfer“ (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Februar 2009 – 1 BvR 2266/04 – Absatz 25) aufzufassen sei.
Doch die Kampagne und die gerechte Kritik in ihr kommt immer wieder hoch (zuletzt durch VICE unter dem Titel: „Du kannst auch Veganer sein, ohne den Holocaust zu verharmlosen“) und muss daher von uns auch immer wieder offensiv angegangen werden: Wir müssen uns entschieden GEGEN eine „Werbekampagne für Tierrechte“, die auf dem Rücken von anderen Opfern ausgetragen wird aussprechen!
Die einmalig schrecklichen Ereignisse und Schicksale der Shoa dürfen niemals derart verzerrt, bagatellisiert und skandalisiert „präsentiert“ und damit instrumentalisiert werden – auch nicht für Tierrechte! Denn so wird „falsche Aufklärung“ betrieben und eine der wichtigsten Gedenkkulturen der Menschheit zerstört, was wiederum offensiven Antisemiten, Rassisten und Menschenfeinden den Weg ebnet.
Das wird unter anderem dadurch deutlich, dass der Tierrechtler Helmut F. Kaplan dem rechtsradikalen Magazin „Der Fahnenträger“ in einem Interview attestierte: „Der Holocaustvergleich wird immer wichtiger“. Das war genau das Zeichen, auf das rechte, vegane Mimikrys nur gewartet haben!
Die Tierausbeutung und industrialisierte Tiertötung hat beinahe ausschließlich kapitalistische Hintergründe und ist seit Jahrtausenden mit der menschlichen Geschichte eng verknüpft. Der Holocaust hingegen – und mit ihm die Menschenvernichtungslager wie Treblinka usw. – diente einem völlig anderen Zweck: Menschen sollten aufgrund ihrer Abstammung, Religion, Herkunft oder anhand anderer, verachtenswerter „Gesichtspunkte“ schlicht vernichtet werden.
Auschwitz ist laut Vertretern der Frankfurter Schule ein Rückfall in die Barbarei gewesen – „und Barbarei besteht fort, solange die Bedingungen, die jenen Rückfall zeitigen, wesentlich fortdauern.“ (Theodor W. Adorno – „Erziehung nach Auschwitz“)
Das einmalige Wesen der Shoa und die Jahrtausende lang währenden Gräueltaten, die Menschen Tieren antun, unterliegen nicht dem eigenen Gusto und dürfen nicht beliebig, willkürlich interpretiert werden.
Daher stellt sich für emanzipatorische Tierrechts- bzw. Tierbefreiungsaktivisten die Frage erst gar nicht, ob derartige Vergleiche angebracht sein sollten. Denn der Holocaust-Vergleich geht einher mit einer Verharmlosung der Gräueltaten von Menschen an Menschen, die wir niemals wieder erleben wollen und sollen.
Wenn sogar im sehr empfehlenswerten Tatort „Der sanfte Tod“ (Folge 925, Dezember 2014) im Gespräch der Holocaust-Vergleich rigoros abgeschmettert wird, dann dürfen wir – als informierte, intelligente und aktive Tierrechtler und Tierbefreier nicht den Fehler weiterhin begehen.
Am Esstisch mit Würstchen.
Kommissarin Charlotte Lindholm: „Das ändert doch an ihrem Leiden nichts, ob’s uns danach schmeckt, oder? Ich glaube, wir sind einfach zu feige hinzuschauen. Wir wollen die Wahrheit gar nicht wissen. Wir sind froh über die Bilder von glücklichen Kühen auf grünen Weiden. Aber diese Tiere leiden.“
[…]
Mädchen: „Also ich – wenn ich jetzt in einen Schlachthof gehen würde – ich denke schon, dass ich danach noch Fleisch essen könnte. Ich glaube nicht, dass mir das was ausmacht. – Ich war auch im KZ und es hat mir auch nichts ausgemacht!“
Lindholm: „Das ist wirklich das saudümmste, das ich je gehört hab‘.“ Pause. Schlägt auf den Tisch. „Du brauchst mich nicht zu zwicken, Mama! Das ist selbst für eine Fünfzehnjährige das Dümmste, was ich je gehört habe!“
Siehe Video: https://youtu.be/dnvQchtVTzY
Wir haben wesentlich bessere Möglichkeiten, die Menschen auf den Weg zum Veganismus zu führen und zu begleiten!
Dies gilt im Übrigen auch für Herangehensweisen, die sexuelle Gewalt verharmlosen: Immer wieder wird von Tierrechtsaktivisten (auch von sog. Abolitionisten) der Begriff „Vergewaltigung“ im Zusammenhang mit der Zwangsbesamung von Tieren genutzt.
Wer kein Opfer von sexuellen Übergriffen wurde, erahnt nicht das Ausmaß solcher Verharmlosungen bzw. Gegenüberstellungen: Die immensen, seelischen und körperlichen Blessuren eines Menschen kann kein Außenstehender nachvollziehen – egal, wie stark er es versucht. Jeder Gewaltakt ist und bleibt einzigartig. Vergleiche sind daher unangebracht, falsch und verwerflich.
„But what sense does it make to say that we should treat one group instrumentally in order to help another group?“ / „Wenn die Verdinglichung einer Gruppe (nichtmenschliche Tiere) ein Problem ist, kann die Verdinglichung einer anderen Gruppe (menschliche Tiere – hier: Frauen) unsere Antwort nicht sein.“ (http://www.abolitionistapproach.com/the-state-of-the-movement/#.VkU1Ab_Xqnk)
Für uns heutzutage ebenso unbegreiflich sind die Zustände zur Zeit der Sklaverei. Obschon diese seit Jahrzehnten endlich offiziell abgeschafft wurde, herrschen ihre Nachwirkungen bis in die heutige Gesellschaft: Man betrachte dafür alleine die stetige Diskriminierung von (bspw.) Afroamerikanern.
Dennoch gibt es einige Tierrechtsaktivisten, die sich gerne selbst in einer Art glorifizierenden Licht sehen möchten und sich mit den Menschenrechtsaktivisten der „Black Panther Party“ gleichzustellen versuchen.
Doch augenscheinlich sind diese menschlichen Aktivisten, die für die Rechte von Tieren eintreten, nicht selbst das Opfer von Ausgrenzung oder Diskriminierung, sondern eben die nichtmenschlichen Tiere. Was natürlich nicht heißt, dass es nicht ehrbar und moralisch wegweisend ist, sich für die Tierbefreiung einzusetzen – wenn nicht wir, wer dann?!
Jedoch können wir darauf verzichten, Parallelen zu ziehen wo keine sind, nur um unsern Kampf für Gerechtigkeit auf der Welt zu absolutieren. Das haben wir als Aktivisten nicht nötig und es verkürzt geschichtliche Zusammenhänge fälschlicherweise.
Niemand ist perfekt – und es wäre fatal, selbiges von mir anzunehmen. Im Gegenteil: Ich kann nur jeden Tag selbst staunen wie viel man noch dazulernen kann. Selbst unter den sogenannten Abolitionisten gibt es tatsächlich Menschen, die noch immer zu falschen Vergleichen und holprigen Kausalketten neigen. Aber wir können dem, über Jahrhunderte von Menschenhand erschaffenen Leid eben auch nicht abrupt ein Ende setzen. Wir als Tierrechtsbewegung werden jedoch Schritt für Schritt intensiver und damit gefestigter in unserem Zielvorhaben: Die Befreiung aller Menschen und Tiere!
Bitte seht dies als dringliche und klare Aufforderung, derartige Vergleiche nicht zu machen – denn es zählt eben nicht nur das Motto „hauptsache für die Tiere“!
Weiterführende Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/People_for_the_Ethical_Treatment_of_Animals
http://www.tierrechts-aktion-nord.de/texte/petakritik.html
https://web.archive.org/web/20060207021847/http://massenvernichtung.info/
https://www.psiram.com/ge/index.php/Tierrechte#Holocaustvergleich
http://indyvegan.org/helmut-f-kaplan-ein-rechter-tierrechtspopulist-an-der-universitaet-muenster/
http://e-vonvielen.blogspot.de/2014/01/einige-beispiele-aus-der.html
http://www.vice.com/alps/read/du-kannst-auch-veganer-sein-ohne-den-holocaust-zu-verharmlosen-372